Und was wird das?
Ich häkle ein paar kleine Teppiche für's Kinder- und Badezimmer aus selbstgemachtem Textilgarn. Ihr wisst schon, alte T-Shirts in Streifen geschnitten. (Danke liebe Schwiegermama!)
Machen wir man solche Projekte aus der Not? Selten. Betreiben wir Upcycling, weil wir uns keine neuen Dinge leisten können? Nicht unbedingt.
Trotzdem finde ich es gut und wichtig.
…
Gestern habe ich auf Facebook einen Welt-Artikel geteilt, über einen Künstler, Michael Reynolds, der Häuser aus Müll baut. Ja, aus Dosen, alten Autoreifen und anderem Abfall. Eine verrückte Geschichte. "Hat er das Projekt noch nicht beim Upcycling-Dienstag geteilt, Nina?" fragte ich.
Gleich darauf fragte jemand, nicht unberechtigt, ob es denn nicht gesundheitsschädlich wäre, in solchen Häusern zu wohnen. Und wohl nicht ganz natürlich.
Das hat mich ins Grübeln gebracht und ich habe mir so einige Gedanken gemacht, die ich heute mich Euch teilen möchte.
Michael Reynolds ist ein Künstler. Er weist uns mit seiner künstlerischen Arbeit auf ein Umweltproblem hin und stellt uns die Frage, wohin mit unserem Müll.
Das ist ein Thema, mit dem wir uns ohnehin beschäftigen sollten (Müllvermeidung, Müllverwertung) und in Zukunft wahrscheinlich auch vermehrt beschäftigen MÜSSEN. Und das nicht nur im Rahmen unserer kreativen (Freizeit-)Aktivitäten. Auch im Alltag. In unserer Gesellschaft.
Mir ist bei der Arbeit sehr oft bewusst, dass das recyceln von Materialien früher und woanders nicht aus Spass gemacht wurde. Man denke nur an das Quilten, das ursprünglich wirklich mit den allerletzten verwendbaren Stoffresten betrieben wurde, um diese noch sinnvoll zu verwerten. Ja, sogar Fäden wurden teilweise noch aufbewahrt und wiederverwendet. Heute suchen wir unter Umständen teure Stoffe für unser Hobby aus.
Manchmal kommt mir der Gedanke, ob unser kreatives Schaffen, besonders mit recycelten Materialien, eine Art "Trockentraining" darstellen soll. Für schlechte Zeiten? Für andere Zeiten?
Wir wollen es nicht hoffen. Aber sollte es uns einmal nicht mehr so gut gehen, wird sicherlich auch unsere Kreativität gefragt sein, wenn auch auf einem anderen Level als beim fröhlichen Badezimmerteppichhäkeln.
Ein anderer Aspekt, der mich an den "Müllhäusern" anspricht ist die Tatsache, dass sie energieautark sind; sie brauchen keinen Stromanschluss, keine Heizung, keine Klimaanlage, sogar das Altwasser wird recycelt.
Auch ein Thema mit dem wir uns im post-fossilen Zeitalter befassen werden müssen. Auch da werden wir "kreativ" sein müssen. Neue Lösungen und ein anderer Umgang mit Ressourcen wird gefragt sein, stelle ich mir vor.
Bei der Frage nach der Gesundheitsgefährdung, die von diesen Häusern ausgeht musste ich sofort an die vielen Menschen auf dieser Welt denken, die vollkommen unfreiwillig im, um und vom Müll leben. Leider fragt sich kaum jemand, wie gesundheitsgefährdend das ist.
Bestimmt wären sie froh, wenn sie wenigstens ein (Sperrmüll)Dach über dem Kopf hätten. So wie die von Gregory Koehn, der auch Minihäuser aus Sperrmüll baut, welche er an Obdachlose verschenkt.
Ja, ja, solche Gedanken mach ich mir (manchmal) beim Häkeln.
Aber letztendlich sind es gute Gedanken. Ich bin dankbar, dass es uns gut geht. Ich bin hoffnungsvoll, dass es viele gute und kreative Ideen gibt und geben wird, die unsere Zukunft besser machen. Dass es viele Menschen gibt, die sich über die Umwelt und soziale Herausforderungen Gedanken machen. Und dass unsere Kinder vielleicht ein bissl gscheiter sind. Naja, sagen wir so, eine gesündere Einstellung zur Natur haben.
Resilienz. Ein tolles Wort. Es bedeutet "Widerstandsfähigkeit eines Ökosystems gegenüber ökologischen Störungen."
27 Kommentare
Sehr einfühlsam geschrieben. Das macht mich nachdenklich…
Auch im Kreativbereich ist es leicht, vermeintliche Bedürfnisse zu wecken und sicher wäre es manchmal sinnvoll, aus dem zu schöpfen was man schon hat. Und es fördert die Kreativität 😉
Und noch etwas… Seit ich Mama bin fällt mir auf, dass ich nicht nur alles gut, sondern perfekt haben möchte für meinen Kleinen. Von Ökoschühchen über Wollkleidung (natürlich bio 😉 ) bis hin zum schaddstofffreien Holzspielzeug und Bioessen etc etc. Und mir ist bewusst dass es ein ganz besonderer Luxus ist dass wir überhaupt die Wahl haben. Wie du schon schreibst, sehr viele Menschen müssen sich glücklich schätzen wenn sie irgendein Dach über dem Kopf haben.
Nachdenkliche Grüße,
Vera
Das ist ja witzig, genau das Gleiche mache ich auch. Allerdings werden bei mir Topfuntersetzer draus. Viel Spaß noch!
Ich freu mich das zu lesen worüber ich schon lange nachdenke. Zunehmend besonders beim gedeihenden DIY Trend. Wofür scheinbar immer erstmal eingekauft werden muss. Neu und hübsch damit es „perfekt“ aussieht am Ende. Auch ein Grund warum ich nichtmehr viel Gemachtes zeige auf meinem Blog. Weil das nicht meine Botschaft ist, dass wir immer mehr brauchen. Lieber möchte ich sagen: Wir können machen was wir (wirklich) brauchen.
Schön dass Du das Patchworken als Beispiel nennst, da erinnere ich mich daran, wie ich das Luxus-Patchworken kennenlernte und einfach ratlos war, wieso man große Stoffe zerschneidet um sie dann wieder zusammenzunähen. Ich kannte nur die Arme-Leute-Version.
Ich muss aber zugeben, bei meinem bedarfsorientierten Upgecycle nehm ich nun aber auch nicht jeden Müll her.
Herzlich!
Liebe Caroline!
Danke für deine Gedanken…. und deine Upcycling-Ideen.
Nun würde es mich aber doch interessieren, wie du aus den Stoffbahnen Teppiche häkelst. Verwendest du da besonders dicke Häkelnadeln? Ich kann es mir ehrlich gesagt nicht so ganz vorstellen.
Würde mich über eine Rückmeldung freuen.
DANKE
Dominique
das sagst du was.. ich kenne Frauen, die geben jeden Monat dreistellige Beträge für ihr Näh – und Strich/Häkelhoppy aus. Die Reste der Schnitte landen in der Mülltonne! Bei Hess gibt es ja aktuell ein Kleid, das versucht ohne Verlust beim Zuschnitt auszukommen. Finde ich persönlich eine tolle Sache! Nachdenken ist im Bereich Müll dringend erforderlich! Resourcenverschwendung macht mich persönlich ganz fuchsig und die Häuser, von denen du schreibst finde ich persönlich großartig! Auch wenn sie keine Lösung sein können für eine brennende globale soziale Frage. Sie sind ein Denkanstoß und das zählt! herzliche Grüße Denise
liebe caro, danke für diesen nachdenklichen post, den ich sehr wertvoll finde. beim thema selbstgemachtes verschenken ist mir das auch immer mal bei mir aufgefallen. ich hab vieles neu gekauft, um daraus dann selbst etwas zu machen. inzwischen kaufe ich gern nützliche, sinnvolle, möglichst ökologische kleinigkeiten oder schöne bücher und verpacke sie mit dem, was sich im haushalt findet. und dabei tobt sich meine kreativität dann voll aus. das passt besser zu mir.
Deine Gedanken gefallen mir gut! Vielen Dank dafür.
Liebe Caro, du sprichst mir mal wieder aus der Seele. Danke für’s Teilen deiner Gedanken. Ich würde deinen Post gerne am kommenden Sonntag in meinem Blog bei meinen Lieblings-Links verlinken, wenn du nichts dagegen hast.
Grüßle
Ursel
Danke!
ich mag, wie freilassend du schreibst.
und grüße dich.
*
Liebe Caro,
Mir gefällt die Idee von kleinen autarken Häusern auch immer mehr – ein Beispiel für so ein Leben gibts im Blog http://fynyth.blogspot.co.at/
Müllvermeidung hab ich nun auch zu einem für mich großen Thema gemacht – beispielsweise frag ich mich zur Zeit gerade wie ich Katzenfutter für 2 Stubentiger besorgen kann ohne pro Woche eine Tonne voll Dosen oder Aluschälchen-Müll zu fabrizieren!?
trotzdem wünsch ich dir und uns viel Spass beim Upcyclen und dem Genuss, dass wir derzeit eben noch können und nicht müssen!
lg, Maren
Worauf der Künstler hinweist finde ich noch wichtiger als das Werk selbst – nur durch solche „Kunstaktionen“ wird die Masse der Menschen auf ein Problem aufmerksam gemacht, dass sie vermeintlich selbst gar nicht haben, weil sie iren Müll ja los ist, sobald er in der Tonne ist.
Deshalb finde ich alle Aktionen dieser Art sehr sinnvoll.
Upcycling als Vorbereitung auf kommenden Mangel? Das sehe ich eher nicht als Hauptantriebsgrund. Sondern um das ständige Fastfoodleben zu beenden, um ein ganz klares Zeichen des „Ich mach nicht mit“ gegenüber der Wegwerfgesellschaft zu setzen. Wenn ich – rein geschätzt – meine finanziellen Aufwendungen bedenke, die ich dank Flohmarkt, Gebrauchtwarenhof und Natur für Wohnungsdekoration, Kleidung, Küche, Geschenke, Ausflüge und Reise habe, dann liegt das sicherlich sehr weit unter dem einer vergleichbaren Familie, die ihre „Dinge“ in Supermärkten, Kleidergeschäften, Einrichtungsshops, Vergnügungsparks und im Reisebüro kauft.
Für mich ist der finanzielle Aspekt also durchaus wichtig beim Upcycling. Darüberhinaus schonen wir so aber auch Ressourcen, produzieren weniger Abfall und die immer weiter fortschreitende Konzentration auf das Wesentliche tut außerdem auch uns selbst gut. Man stellt fest, wie wenig Konsum eigentlich nötig und wie wichtig Qualität ist, die lange hält.
Herzlich, Katja
Wunderbar, Katja! Ja, das BEWUSSTSEIN, das finde ich eben auch ganz wichtig. Und „fortschreitende Konzentration auf das Wesentliche“, ja, Du sagst es.
🙂 Liebe Grüße!
🙂
Sehr gerne, da freu ich mich. Liebe Grüße!
Ich verwende 9er oder 10er Häkelnadeln 🙂
:-))) Bei Runde 6 habe ich ehrlich gesagt auch überlegt, ob ich nicht lieber einen Untersetzer draus mache. Puh. Und bei Runde 12, ob es ein Sitzkissen sein könnte 🙂 Aber jetzt zieh ich’s schon durch!
Upcycling als Training… nein, das denke ich nicht.
für viele ist es wohl einfach trendy – was allein schon der Name zeigt. Aber auch jene, die „nur“ aus Mode upcyclen (was für ein grausiges Wort) kaufen wenigstens nichts unnötig Neues.
Außerdem wird die eigenen Kreativität angeregt. Das ist ja auch nicht schlecht.
Und wenn man dann Altes, das man einfach hat, verwerten kann, dann ist wohl auch ein glücksgefühl. So wie bei mir heute. Fürs Kinderzimmer habe ich (mein Mann ;-)ein altes Regal+Kinderabsturzsicherung neu Zusammengebaut. Zwischendurch war das Regal Computertisch – nun hat es seine dritte Bestimmung. Das ist einfach fein!
Liebe Grüße!
Liebe Caro, mir liegt es neben vielen Aspekten, die du auch schon genannt hast, beim „Reste- Verweden“ auch am Herzen, meinen Kindern vorzuleben, wie sie mit möglichst wenig möglichst „weit“ kommen. Das fängt bei der Verwertung von Speiseresten an- und geht eben bis zum Basteln/ Nähen/ Handwerken mit Resten oder sogar „Müll“, also Dingen, die nicht auf den ersten Blick noch brauchbar erscheinen. Mittlerweile kommen sie selber schon auf ganz tolle Idee, denken beim Zimmer- Ausmisten an Verschenken oder Flohmarkt, nutzen die Rückseiten von Schulzetteln als Malpapier…
Danke für den Hinweis auf die Häuser und Künstler, die waren mir noch nicht bekannt.
Viele liebe Grüße, Tanja
Hallo Maren,
genau das Problem habe ich auch und zerbreche mir den Kopf, den Dosenmüll von 3 Katzen einzusparen. Mir fällt da nur das Barfen ein, oder Trockefutter, da bin ich aber kein großer Freund von. Und Brafen bei Katzen nicht ganz problemlos.
Also, solltest du eine Idee haben bin ich dankbarer Nutznießer …!
Liebe Grüße
Claudia
Liebe Caro, Upcycling umfasst ja nun ein riesiges Gebiet. Von der Nahrungszubereitung über Möbel und Deko bis hin zu Kleidung etc. Ich sehe die Vorteile in Vielem. In erster Linie bei mir im Kreativen. Mit den Händen etwas schaffen ist mit das Schönste für mich. Aus ein paar Resten etwas Hochwertiges herstellen. Aber auch der finanzielle Aspekt ist sicherlich nicht ausser Acht zu lassen. Meine Deko besteht fast nur aus „geupcycelten“ Dingen. Meine Möbel sind größtenteils gebraucht oder zweckentfremdet und bearbeitet. Meine Kleidung fast nur Second-Hand oder aus Resten zusammen gehäkelt/-strickt/-näht. Und ich liebe es in der Natur für die Marmelade oder den Salat sammeln zu gehen. Selten ist ein Gefühl befriedigender, wenn „ich“ alles selber hergestellt habe und es dann nutze. Ach, und ich verdiene mit Upcycling-Unterricht meinen Lebensunterhalt, das hätte ich ja nun fast vergessen. Ich lebe damit und davon. Aber, ich bin damit kein Fanatiker und Super-Müllund Kunststoff-Vermeider. Aber ich habe die Augen offen, vermeide im Rahmen meiner Möglichkeiten, die sich aber immer weiter erstrecken, und befürworte jede Möglichkeit Müll zu vermeiden und verantwortungsvoll mit unserer Umwelt umzugehen.
Du siehst, es lässt sich angenehm und befriedigend damit leben. Und ich freue mich jedesmal, wenn ich wieder Geld (aus Verzicht oder Selbstherstellung)eingespart habe.
Liebe Grüße und danke für deinen interessanten Bericht
Claudia
Du sprichst mir wieder aus dem Herzen. Wundervolle Worte hast du da gefunden! Und wie recht du hast!
ja, Häkeln ist eine der Tätigkeiten, bei denen man gut nachdenken kann
und Resteverwertung, Upcycling und vor allem Nutzung der Dinge über lange Zeit (und nicht nur ex und hopp) beschäftigt mich auch immer wieder
deine Gedanken dazu hast du in sehr anregende Worte gefasst
lieben Gruß
Uta
Liebe Caro, ja, es sind gute Gedanken, Deine Häkelnachdenklichkeit. Ich mache seit etwa 20 Jahren „upcycling“, auch wenn ich es vor 20 Jahren nicht so genannt habe. Ich habe es strohzugold- machen genannt. Und ich habe damit angefangen, weil ich einfach keine Lust hatte, aus neuen Materialien neue Kunst zu machen. Weil uns einfach genug umgibt, das man nehmen kann. Mich interessiert auf der einen Seite die Verwandlung, das Potenzial eines Gegenstandes. Seine Patina, die Geschichte, die Erklärung zum Abfall, die ihm den Wert abspricht. Auf der anderen Seite geht es mir inzwischen einfach gegen den Strich, plastikverpackte Dinge zu erstehen, die oft fernöstlich unfair und ökologisch bedenklich hergestellt, tausende Kilometer zu uns zurückgelegt haben. Ich sehe dann Müllberge vor meinem geistigen Auge, die ich einfach nicht vergrößern will. Ich kaufe auch meine Kleidung nicht neu. Es gibt so viel, was schon da ist . Ich kann mir gebrauchte Kleidung auch in einer Qualität leisten, die ich neu kaum bezahlen könnte. Meine Kinder machen es übrigens alle genau wie ich und leben in und mit Gebrauchtem. So bleibt auch Geld genug für wirklich gute Nahrung, was der Umwelt auch wieder zugute kommt.
Diese Art zu leben macht einfach mehr Spaß. Dass sie auch etwas mit ökologischem Bewußtsein zu tun hat, ist ein schöner Nebeneffekt, da bin ich ganz ehrlich. Ich bin mir sehr bewußt, dass mein Beitrag in dieser Hinsicht ein Tröpfchen auf den heißen Stein ist. Erhaltung der Schöpfung und Gerechtigkeit in Zeiten der Globalisierung müssen politisch gelöst werden und wir dürfen nicht müde werden, die Entscheider zu fordern und unsere Meinung laut zu sagen.
Ich danke Dir für Deine anregende Häkelei und grüße Dich ganz herzlich!
lisa
Danke für deine Häkelgedanken. Kunst hat schon immer auch Verantwortung übernommen und die Finger anschaulich in so manche Wunde gelegt und damit zur Diskussion und zum Nachdenken angeregt. Das mit dem „Trockentraining“ ist meiner Meinung nach gar nicht so weit hergeholt. Dieses Raubbau-Wirtschaftssystem wird eines Tages zusammenbrechen müssen, die Erde kann’s nicht tragen…, und die Mehrheit der dabei so ungerecht behandelten Menschen auch nicht. Upcycling gibt’s tatsächlich „schon immer“, nur der Begriff ist neu(er) und „trendy“ war’s auch nicht immer. Es ist aber auch beileibe nicht (mehr) alles Upcycling, was sich so nennt…, da bist du mit deinem wundervollen Bad-Teppich ein richtig gutes Beispiel. Lieben Gruß Ghislana
Liebe Claudia,
Ich sag Bescheid, wenn mir eine zündende Idee kommt 😉
Wie immer Daumen hoch, liebe Katja!! Und an Euch beide einen ganz, ganz lieben Gruß!! Nicole