Mir kommt vor, mit dem Stricken ist es gelegentlich wie mit den Straßenkehren, wie Beppo in dem Buch Momo von Michael Ende es beschreibt. (Wenn die Geschichte im Winter gespielt hätte, wäre vielleicht vom Schneeschaufeln die Rede gewesen.)
Manches Projekt zieht sich wie ein Kaugummi, man denkt, man kommt nie zu einem Ende. Aber wenn man einfach eine Masche nach der anderen strickt, Reihe für Reihe, dann erreicht man doch irgendwann sein Ziel…
"Siehst du, Momo", sagte er [Beppo Straßenkehrer] dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Strasse vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedesmal, wenn man aufblickt, sieht man, daß es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
Er dachte einige Zeit nach: Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muß nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann machte es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, daß man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend. "Das ist wichtig."
"You see, Momo," he told her one day, "it's like this. Sometimes, when you've a very long street ahead of you, you think how terribly long it is and feel sure you'll never get it swept."
He gazed silently into space before continuing.
"And then you start to hurry," he went on. "You work faster and faster, and every time you look up there seems to be just as much left to sweep as before, and you try even harder, and you panic, and in the end you're out of breath and have to stop – and still the street stretches away in front of you. That's not the way to do it."
He pondered a while. Then he said, "You must never think of the whole street at once, understand? You must only concentrate on the next step, the next breath, the next stroke of the broom, and the next, and the next. Nothing else."
Again he paused for thought before adding, "That way you enjoy your work, which is important, because then you make a good job of it. And that's how it ought to be." There was another long silence. At last he went on, "And all at once, before you know it, you find you've swept the whole street clean, bit by bit. What's more, you aren't out of breath." He nodded to himself. "That's important, too," he concluded.
Dieses Strickprojekt war ohnehin sehr kurzweilig; das Hustenleibchen ist in zwei Tagen gestrickt. (Nur Ihr müsst noch etwas Geduld haben… die Anleitung erscheint in Kürze!)
Jedenfalls kann es nicht schaden, sich immer wieder an diese Weisheit zu erinnern. Deshalb ist sie bei uns mitunter sogar im Rahmen zu finden. Die Typo habe ich hier für Euch zum Herunterladen und Ausdrucken eingestellt, auf Deutsch und Englisch.
…und beim creadienstag verlinkt.
3 Kommentare
Ich mag deine Bilder so sehr, sie spiegeln immer so genau die aktuelle Stimmung wieder! Verrätst du uns welche Wolle das auf den Bilder ist? Das ist dann bestimmt auch die, die du für sie Leichen in der Anleitung empfehlst oder? Dann kann ich mich schon mal eindecken bis die Anleitung da ist:) Glg
Danke für Beppo! Ich habe das irgendwann schon einmal gelesen, aber wieder vergessen. Der Text ist sehr schön.
Lg Sternie
Wie wahr…Danke dafür. Es hat mir gerade aus dem Herzen gesprochen.
Herzlich Sabrina